Wer hat es nicht gespielt, als Kind mit Kindern, als Erwachsener mit Kindern, dieses Spiel, dessen ‚Spielmaterial’ niemals ausgeht: „Ich sehe was, das du nicht siehst, und das ist ...“
[ mittendrin ] hatte einige Menschen darum gebeten, uns ein kleines Such-Rätsel aufzugeben: Was sehen sie, das wir nicht sehen?
Hier finden Sie die Lösungen:
... und das ist transparent!
Wenn ich still und wachsam bin, erkenne ich dich. Du trägst jeden Namen und nennst viele Geschichten, Gesichter und Gedanken dein eigen. Sie kommen von anderen Orten, denn du warst schon oft da. Dir ist vieles anvertraut worden und so manches Geheimnis erhältst du auf deinen Wegen. Du kommst vom Land oder Meer - meist von ganz weit her. Kaum bist du angekommen - musst du wieder fort. Dich einzufangen gelingt nicht, du musst weiter ziehen. Du hast keine Zeit zu verweilen, hast du überhaupt ein Ziel? Du trittst unterschiedlich stark auf und manchmal bist du nicht anzutreffen. Manchmal erkenne ich dich an den Symphonien, durch die Umgebung. Du schenkst der Erde ihr grünes Aussehen.
Tobias Hansen, 26, Student
... und das ist gelb!
Gehe hinaus
Suche die Frische, Himmel, Erde, Sonne, Mond und Sterne
Dein Garten verstreicht die Zeit
Zwei Gräben flüssig und nass. Behutsam schenken Leben sowie Kraft
Starte den Versuch und komm doch zu Besuch. Bald ist es soweit, schon ist es vorbei
Hütten, Hütten, viele Hütten, fremde Menschen aus überall, suchen Kunst und überstürmen deinen Flur
Gelb wie Orange ist dein Haus
Komm zu mir, komm herein, ich schenke dir viel Planeten und Sternelein
Rana Matloub, 37, freischaffende Künstlerin
… und das ist frühlingsgrün!
Oder Chromoxidgrün, lichtecht, wie auf der Palette eines Malers des 19. Jahrhunderts. Die Farbe steht für Dynamik.Ob es mich erfreut, hängt vom Wetter ab. Bei Sonnenschein verspricht es Entspannung. Es verheißt weniger Muße als Nachdenken, die Gedanken kreisen lassen und sich trotzdem konzentrieren, sonst könnte es gefährlich werden. Es eröffnet Erlebnisse in Zeit und Raum. Szenen der Kasseler Vergangenheit kommen ins Bild, die mit den Landgrafen zu tun haben, ihren Neigungen und Vorlieben. Es ist nicht immer verfügbar und nicht nur für mich. Fast fürchte ich, es könnte den Winter nicht überdauern, und wenn endlich das Grün wieder so aussieht, dann ist es vielleicht nicht mehr am Platz?
Prof. Dr. Martina Sitt, 49, Kunsthistorikerin
… und das ist mal grau, mal grün, mal weich, mal hart, immer unterschiedlich!
Unsere Füße und unsere Seele brauchen es. Wenn man es verliert, dann fällt man unendlich tief und tiefer. Wenn man aufkommt, blutet man nicht, aber man ist trotzdem verletzt. Medizin dagegen gibt es jedoch nicht. Man muss auf die Zeit und auf Gott vertrauen, bis es von alleine heilt. Ich habe es gleichzeitig mit einem Menschen, den ich liebe, verloren. Das passiert wohl sehr oft. Aber man kann es wiederfinden, wenn man danach sucht. Und ich freue mich darauf, dass ich irgendwann meine Zehen wieder darin vergraben kann.
Daniela Singh, 27, Lehrerin
...und das ist majestätisch!
Er ist es! Nein, er ist es doch nicht. Zu elegant und, ja, zu sauber ist er. Dafür entdecke ich hinter ihm eine andere Person, einen nicht zu verbannenden Schatten aus meiner Kindheit, nur für mich sichtbar. Völlig abgeschirmt von dem, was hinter ihm geschieht, sitzt der Heutige in seiner Glaskanzel und starrt durch die Frontscheibe. Mein Schattenmann hingegen in seiner schwarzen Kluft, die speckige Mütze lässig nach hinten geschoben, beugt sich, umgeben von Dampf- und Rußwolken aus qualmendem Schlot, weit aus dem Fenster hoch oben auf dem zischenden Monstrum, das sich wie ein sprungbereiter Panther gebärdet. Der aufmerksame Blick des Schattenmannes ist nach hinten gerichtet. Und als ein Kollege ihm ein deutliches Zeichen gibt, wendet er Kopf und Körper nach vorn. Jetzt ist er nicht mehr zu halten. Er schiebt den Hebel vor. Los geht’s. Das Bild des Schattenmannes verweht mit dem surrenden Geräusch der Gegenwart. Ich bin wieder im Heute.
Erhard Heidrich, 74, Pensionär
... und das ist blassgrau!
Wenn ich es sehen will, sehe ich es nicht. Ich sehe es nur zufällig. Es springt mich nahezu an. Fast wie ein Schatten, aber freier in den Bewegungen. Ich sehe es nicht bei jedem Menschen. Ich sehe es vor allem bei Menschen in Kassel. Klar, da lebe ich auch. Wenn ich es sehe, dann unausweichlich, kann kaum vom Anblick lassen, muss mich fast losreißen, muss sagen: „Geh weg!“ Wie ein Schattenriss hinter dem Menschen, hinter dem ich es sehe, ein vielsagender Riss in der Gegenwart. Mir zugewandt, freundlich aber bestimmt, unausweichlich bestimmt, meist um Jahre älter als der Mensch, hinter dem ich es sehe. Ein Blick in die Zukunft, blassgrau, aber unausweichlich, für sich selbst einstehend.
Christoph Baumanns, 52, Chefredakteur [ mittendrin ]
Haben auch Sie ein „Ich sehe was, das Ihr nicht seht“-Rätsel? Dann mailen Sie es an
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