Der Priester ist Mittler zwischen Gott und
den Menschen. Er hat Zugang zu Gott. Aber was besagt das für uns? Wenn wir in der Taufe zu Priestern und Priesterinnen geweiht werden, dann heißt das, daß wir direkten Zugang zu Gott haben, daß wir in uns selbst Gott und Mensch miteinander verbinden.
Der Priester ist für mich vor allem der Wandler. Er verwandelt Irdisches in Göttliches, er macht das Irdische durchlässig für Gott, er findet Gottes Spuren in der menschlichen Wirklichkeit.
Jeder von uns ist dazu berufen, das Material seines Lebens zu verwandeln, so daß göttliches Leben darin aufleuchtet. Der Priester hat die Aufgabe, mit allem, was er ist, durchlässig zu sein für Gottes Licht und Herrlichkeit. So leuchtet in jedem Menschen Gottes Herrlichkeit auf. Nach dem 1. Petrusbrief besteht die Aufgabe darin, zu verkünden, was Gott dem Einzelnen und der Gemeinschaft Großes getan hat, wo und wie er seine Dunkelheit erhellt und ihn mit Licht erfüllt hat. Der Priester ist also Deuter und Interpret des menschlichen Lebens. Er findet in jedem Leben die göttlichen Spuren von Licht und Sinnhaftigkeit.
Und jede/r von uns ist Priester/in. Das ist die Botschaft des 1. Petrusbrief, der von manchen Exegeten als Taufpredigt verstanden wird:
„Ihr aber seid ein ausgewähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündigt, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat.(1 Petr 2,9).
Anselm Grün, "Die Taufe, Feier das Lebens"