Es gibt viele Menschen, die meinen, keine Zeit zum Beten zu haben oder nicht beten zu können. Andere beten nur, wenn sie das Bedürfnis danach verspüren. Manche würden gerne beten, finden sich aber in den herkömmlichen Formen des Betens nicht zurecht. Wenn wir aber versuchen zur Ruhe zu kommen, dann bricht in diese Stille alles ein, was uns bewegt und woran wir leiden.

 

Beten ist Beziehung zu Gott
In der Bibel gehört das Beten ganz selbstverständlich zum Leben. Beten ist Rufen, Jubeln, Bitten, Flehen, je nach der Situation des Menschen. Vielleicht ist unser spontanes Beten dieser biblischen Art des Gebetes oft näher, als wir es vermuten. Wenn wir glücklich sind, fällt es uns leicht, Gott zu danken. Wenn wir in eine missliche Lage kommen, rufen wir unwillkürlich zu Gott.

Jesus gibt uns die Gewissheit, dass wir von Gott als Söhne und Töchter angenommen sind. Der tiefste Grund für unser Beten ist Gott selbst und seine Zuwendung zu uns. Diese Erfahrung bringen wir im Gebet zur Sprache. Wem das Beten dennoch schwer wird, der sollte versuchen, ohne Worte vor Gott zu verweilen und ihm vertrauensvoll sein Innerstes öffnen.

Beten verändert Menschen und Welt
Gott braucht mein Gebet nicht, ich brauche es. Gott weiß, was ich nötig habe. Im Gebet versuche ich, Gottes Willen zu erfahren und mein Leben daraufhin auszurichten. Dabei wird mir der Sinn und das Ziel meines Daseins deutlicher. Deshalb ist es gut für uns regelmäßig zu beten, sei es mit eigenen Worten oder mit Hilfe formulierter Texte. Die verwandelnde Kraft des Gebetes verändert Menschen und damit auch die Welt, bis sie im Gebet vollendet ist.

Es gibt verschiedene Formen des Betens: das Lob- und Dankgebet, in dem sich die Freude des Menschen über die Herrlichkeit Gottes und die Schönheit seiner Schöpfung ausdrückt; Das Bittgebet, in dem wir erbitten, was wir brauchen: das Bußgebet, in dem wir für uns und andere Gottes Erbarmen erflehen. Es gibt aber auch das horchende Beten, in dem uns Gott zeigt, was wir von uns aus nicht sehen; das betrachtende Gebet, in dem wir die göttlichen Geheimnisse aufnehmen und wirken lassen. Auch das stille Verweilen in der Kirche oder eine Wallfahrt sind Formen des Gebetes.

 

Beten in der Familie
„Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Diese Verheißung Jesu erfüllt sich überall dort, wo Menschen gemeinsam ihren Glauben leben und feiern. Wie die Eltern die ersten Glaubensboten ihrer Kinder sind, so wird die Familie auch die erste Schule ihres Betens sein. Erstes Beten erlebt das kleine Kind, indem es einfach dabei ist, wenn die Eltern beten. Bald wird das Kind dabei mittun, nicht nur im äußeren Nachahmen, sondern auch durch inneres Mitgehen. – Mit Kindern beten bedeutet für Eltern und Erziehende, den eigenen Glauben neu und ernsthaft zu überdenken und das eigene Beten zu vertiefen.

 

 

Aus: Katholisches Gesangbuch. Gesang- und Gebetbuch der deutschsprachigen Schweiz, hg. Im Auftrag der Schweizer Bischofskonferenz, Zug 1998 (vgl. Nr. 695 und 712).

 

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